Die Helvetia Bern in fünf Punkten
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Unsere Verbindungsgeschichte
Die ersten Wurzeln der Studentenverbindungen reichen zurück bis 1300, als sich in der Universitätsstadt Bologna Gemeinschaften von Studenten derselben geographischen Herkunft bildeten ('nationes'). Um sich in einer fremden Umwelt gegenseitig zu unterstützen, schlossen sich auch später stets Studenten aus dem gleichen Herkunftsgebiet zusammen und benannten ihre Zusammenschlüsse auch hiernach; so lassen sich ab 1800 solche Zusammenschlüsse von Schweizern in Tübingen, Bonn, Heidelberg und Göttingen unter dem Namen Helvetia nachweisen. Unsere heutige Verbindungsform ist im 19. Jahrhundert entstanden. In der Folge der Pariser Julirevolution von 1830, in der es die Errungenschaften der Französischen Revolution zu verteidigen galt, kam es auch in der Schweiz zu ähnlichen Aufständen; nämlich im damals noch preussischen Fürstentum Neuenburg sowie in der Landschaft des Kantons Basel. Radikal gesinnte Studenten aus Luzern und Bern, die mit den Aufständischen sympathisierten und die Ideale der Französischen Revolution auch in der Schweiz umsetzen und festigen wollten, gründeten dazu 1832 die gesamtschweizerische Studentenverbindung HELVETIA.
Seit 1832 hat es sich die Studentenverbindung Helvetia Bern zum Ziel gesetzt, interessierten und engagierten Studenten eine umfassende politische Bildung zu ermöglichen. Um die individuelle Urteilsfähigkeit in zeitgeschichtlichen und wirtschaftlichen Belangen zu schärfen, organisiert sie regelmässig öffentliche und private Kolloquien, Vorträge und Diskussionsrunden. Ihre Gründerväter waren radikale Mitglieder des Schweizerischen Zofingervereins der Sektionen Luzern, Bern und Zürich, die sich von der Haltung des Zofingervereins absetzen wollten. Hintergrund war der politische Umbruch in der Schweiz in der Zeit zwischen 1830 und 1848. In der Zeit des Sonderbundes und nach der Gründung des Schweizerischen Bundesstaats 1848 war die Helvetia das Sammelbecken des schweizerischen Radikalismus, der nach 1847 bedeutungsgleich mit dem Liberalismusbegriff der heutigen Zeit verwendet wurde. Mit der Gründung des Zentralverbandes durch die Sektionen Lausanne, Bern und Aarau 1858 verstetigte sich das Verbindungsleben erstmals. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts traten auch die Sektionen Zürich und Basel bei, diejenigen von Luzern, Aarau, Fribourg, Solothurn und Neuchâtel hingegen verschwanden. Die Sektion Genf mit ihrer wechselvollen Geschichte gehört dem Zentralverband ohne Unterbrechung seit 1972 an. Der Zentralverband aller Helvetia Sektionen (Bern, Basel, Genf, Lausanne und Zürich) orientiert sich heute noch statutarisch an radikal-demokratischen Grundsätzen. Alle Sektionen teilen seit 1859 das Motto "Vaterland, Freundschaft, Fortschritt". Ehemalige Aktive bekleideten wichtige Rollen in Politik und Öffentlichkeit, insbesondere in den Kantonen Bern und Waadt, wo die Verbindung einen Rekrutierungspool für die zukünftige politische Elite darstellte. |
Das Helveterhaus
Jedem Helveter steht das Helveterhaus neben offiziellen Verbindungsanlässen, die hier stattfinden, für persönliche Bedürfnisse und Feste zur Verfügung; so erstaunt es nicht, dass neben Vorträgen, Sitzungen, Staatsexamensfeiern, Doktorandenfässern und privaten Parties fast täglich Repe-Gruppen von dem ruhigen Platzangebot inmitten der Altstadt Gebrauch machen und sich zur gemeinsamen Prüfungsvorbereitung mit Inaktiven und jüngeren Alt-Herren treffen.
In seinem Stück "Ich soll arbeiten" beschreibt Robert Walser seinen Aufenthalt im Helveterhaus an der Gerechitgkeitsgasse 29 in seiner Zeit vom 1. April bis zum 31. August 1925: „Und nun möchte ich von einem Zimmer sprechen, das ich einige Monate lang bewohnte, und das einem Saal glich, in den von Zeit zu Zeit ein Mädchen hereinschaute und die Frage vorbrachte: ‚Sollte ich mich etwa verirrt haben?’ Ich sass in diesem Gemach an einem sehr erwähnenswerten Tisch, trat etwa ans Fenster, schaute in die Gasse hinaus und rief aus: ‚Wie hübsch sie ist!’ Damit meinte ich die Architektur. Für mich war’s herrlich, im Zimmer hin- und herzuspazieren, das für mich die Wiesen, Äcker, Felder, Wälder da draussen komplett vergessen liess. Alle acht Tage wurde das Zimmer von der Putzfrau geputzt, dass es nachher glänzte, als wäre es ein Tanzsaal. Ich will weder den schneeweissen Waschtisch, noch die Gardinen, die den Raum mit der Zierlichkeit ihrer Faltenwürfe schmückten, einer Hervorhebung für wert erachten, da dies provinziell wirken würde. Ausstattungsgegenstände nimmt man als selbstverständlich hin. Dagegen sei es mir gestatten, zu sagen, dass ich dort prachtvoll schlief. Mich ins Bett zu legen, gestaltete sich jeweilen zu einem Vergnügen, dessen Schilderung ganze Seiten einnähme. Ich schlief dort mit grandioser Sorglosigkeit. Mein Schlaf glich einem Parke. Wenn ich aufwachte, schlich sich der Wunsch in meine Inwendigkeit, es möchte sogleich wieder Abend sein, damit ich Grund hätte, nur schnell wieder einzuschlummern.“ (aus: „Ich soll arbeiten“ in SW XVII, 77/78) Bekannte Helveter
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